Klimaskeptizismus


Das Dilemma


Die Anzahl der Menschen, welche die menschgemachte Erderwärmung bezweifeln oder abstreiten, steht im scharfen Gegensatz zu den zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen, die einheitlich sehr starke Hinweise für die Rolle des Menschen bei der Erwärmung der Erde sehen. Skeptiker oder "Leugner" wollen sich mit "sehr starken Hinweisen" aber nicht zufrieden geben, zumal wenn ihr Lebensstil oder ihr Geschäftsmodell durch Gegenmaßnahmen in Frage gestellt wird. Skeptiker  und "Leugner" fordern oft "endgültigen Beweise". Sie bestreiten die menschgemachte Erderwärmung, solange es diese "endgültigen Beweise" nicht gibt. Doch einen "endgültigen Beweis", eine 100%-ige Sicherheit wird es bei streng wissenschaftlichem Vorgeben nie geben. Wir müssen, wie so oft im Leben, nach Wahrscheinlichkeiten handeln (siehe auch Blog). 


Für ein Verständnis dieses Dilemmas hilft ein Vergleich mit einer allseits bekannten Vermutung: der Vermutung, dass Rauchen Krebs verursacht.

Es mag überraschend klingen, dass es Zeiten gab, in denen diese Vermutung vehement angezweifelt wurde. Die Tabakindustrie tat ihr bestes, um wissenschaftliche "starke Hinweise" auf den Zusammenhang zwischen Rauchen und beispielsweise Lungenkrebs anzuzweifeln. Vieler Raucher schlossen sich der Skepsis an, um liebgewonnene Gewohnheiten nicht in Frage stellen zu müssen. Die Tabak-Industrie forderte "endgültige Beweise" und griff die Wissenschaft an. Wie kam es, dass Zweifel an dieser Vermutung so unverhüllt in die Öffentlichkeit getragen werden konnten?

Um den Zusammenhang zwischen Rauchen und Krebs nach gängigen wissenschaftlichen Methoden zu "beweisen", müsste man eine vorausschauende Studie durchführen. Viele Hundert bis Tausend Menschen, die eine repräsentative Stichprobe der Gesellschaft darstellen, müssten in diese Studie eingeschleust werden. Diese Menschen müssten durch einen Losentscheid in 2 gleichgeartete Gruppen eingeteilt werden. Die eine Gruppe müsste fortan für einige Jahrzehnte regelmäßig eine festgelegte Anzahl von Zigaretten rauchen, der anderen Gruppe wäre dies ebenso lange strikt untersagt. Zu einem vorab bestimmten Zeitpunkt müsste dann untersucht werden, ob in einer der beiden Gruppen (Raucher/Nichtraucher) mehr Krebserkrankungen auftreten als in der anderen Gruppe. Weiterhin müsste bestimmt werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein solcher Unterschied auftreten würde, wenn kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Rauchen und einer Krebserkrankung bestünde. Wenn diese Wahrscheinlichkeit < 5% wäre, würde man nach gegenwärtigen Standards von einem ursächlichen Zusammenhang ausgehen. Dieser Zusammenhang (Rauchen verursacht Krebs) würde im allgemeinen Sprachgebrauch als "bewiesen" gelten, obwohl immer noch eine geringe, aber exakt bezifferbare Wahrscheinlichkeit bestünde, dass die Ergebnisse falsch interpretiert wurden und Rauchen doch nichts mit der Entstehung von Krebs zu tun hat.

Eine solche Studie wird es natürlich nie geben. Sie ist nicht durchführbar. Sogar mit einer solchen Studie wäre es aber streng wissenschaftlich nicht bewiesen, dass Rauchen Krebs verursacht. Diese "Vermutung" ist nicht zu 100% beweisbar. Es gibt nur "sehr starke Hinweise". Trotzdem gehen praktisch alle klar denkenden Menschen davon aus, dass es so ist. Viele Menschen entscheiden sich aufgrund dieser "sehr starken Hinweise" nicht zu rauchen oder damit aufzuhören, um sich zu schützen.


Zurück zur Erderwärmung: Wir haben keine 2 Erden zur Verfügung, an denen wir eine vergleichende Studie durchführen können. Wir werden nie "endgültige Beweise" für die menschverursachte Erderwärmung haben. Selbst wenn es im Jahr 2100 um 4°C wärmer wäre als heute (was durchaus möglich erscheint) könnte man noch immer behaupten, der Mensch sei nicht als Ursache dafür bewiesen. 

Die Folgen einer Erwärmung um 4°C sind kaum absehbar aber aller Wahrscheinlichkeit nach mit großen globalen Verwerfungen verbunden. Wenn es irgendwie möglich ist, sollten wir uns davor schützen, bevor es (aller Wahrscheinlichkeit nach) zu spät ist.


Die Geschichte (Diese Darstellung basiert auf Quelle 24)


James Hansen war von 1981 bis 2013 Direktor des Goddard Institute for Space Studies der NASA und Professor für Erd- und Umweltwissenschaften an der Columbia University. In einer Rede vor dem US-Senat (1988) warnte er ausdrücklich vor den Folgen der menschverursachten Erderwärmung und brachte das Thema dadurch auf die politische Tagesordnung 

Kurz darauf wurde, im November 1988, der "Weltklimarat" gegründet (offizielle Bezeichnung "Intergovernmental Panel on Climate Change" = IPPC)

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. 1989 gründeten vor allem Vertreter der Energie- und Automobil-Branche (Exxon, Shell, BP, Texaco, Ford, General Motor, DaimlerChrysler) die "Global Climate Coalition", um die Hypothese der menschverursachten Erderwärmung zu diskreditieren und in Verruf zu bringen.

Seither ist die Klimaleugner-Szene ständig gewachsen. Jede politische Aktivität, die auf eine Reduktion der Treibhausgase zielte (z.B. das Kyoto-Protokoll 1997), führte zu einem neuen Schub der Gegenbewegung. Mächtige Akteure wie die Koch-Brüder und andere US-amerikanische Mulitmilliardäre (.z.B. Rebekah Mercer) unterstüten und finanzieren die Szene. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte die organisierte Klimaleugner-Szene im Jahr 2009: Obama war Präsident geworden, der Kongress war demokratisch dominiert und die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen stand an. Es galt, Maßnahmen für den Klimaschutz zu verhindern. Seither ist die Aktivität der Klima-Leugner-Szene ungebrochen hoch. 


Die durchorganisierte und hochdotierte Kampagne der Klimaleugner hat längst reiche Früchte getragen. Ihr Einfluss auf Politik und Medien ist kaum zu unterschätzen. Der aktuelle US-Präsident bestreitet den Klimawandel und will aus dem Paris-Abkommen austreten. Der aktuell republikanisch dominierte US-Kongress (Senat und Repräsentantenhaus) verhindert nach Kräften alle sonstigen Schritte, die zu einer Kontrolle der Treibhausgas-Emissionen führen könnten. Fördermittel für Klimaforschung werden rabiat gestrichen. Hohe Positionen in Forschungseinrichtungen und sogar die Leitung des US-Umweltministeriums, (Scott Pruit, siehe Bild) werden durch Menschen besetzt, die den Klimawandel leugnen. Es wurde viel Aufwand betrieben, um der Bevölkerung einzureden, es gebe wesentliche Unsicherheiten bei der Beurteilung der Sachlage oder gar eine kontrovers geführte Diskussion in der Wissenschaft. Beides ist nicht der Fall. 

Nachdem in den frühen 1990-ern die menschverursachte Erderwärmung als soziale Herausforderung weitgehend akzeptiert war stehen ihr konservative Politiker (und teilweise auch Strömungen, die nicht als konservativ gelten) mittlerweile fast durchgehend skeptisch gegenüber - nicht nur in den USA sondern zunehmend auch in anderen Ländern. In Deutschland haben sich CDU und SPD in ihren Sondierungsgesprächen 2018 bereits vom deutschen Klimaziel 2020 distanziert.


Die Internationale Unentschlossenheit ist jedoch noch Expertenmeinung nicht vorrangig auf die Kampagne der Klimaleugner zurückzuführen. Auch Obama traf im Jahr 2009, als der Kongress in beiden Kammern von den Demokraten dominiert wurde, keine durchgreifenden Entscheidungen.

Vielmehr bedroht die Vorstellung, dass die Natur uns Grenzen aufzeigt, das kulturell seit mehreren Jahrtausenden verankerte anthropozentrische Weltbild, in welchem der Natur vorrangig die Aufgabe zukommt, dem Menschen zu dienen und unbegrenzte Freiheit zu ermöglichen. Dieses Weltbild enthält keine Grenzen. Wenn wir es schaffen, Grenzen zu akzeptieren, können wir den Lebensraum Erde, wie er uns vertraut ist, erhalten.